Fünf Whistleblowing-Mythen – wir räumen auf!


29. Januar 2022

Der Begriff „Whistleblowing“ ist in Deutschland immer noch negativ belegt. Kaum ausgesprochen, kreisen die Gedanken sofort um die großen Skandale: Wirecard, VW, NSA. Zudem denkt man automatisch an prominente Hinweisgeber, deren Schicksal man selbst nicht erleiden möchte: Edward Snowden und Julian Assange.


Kein Wunder also, dass das Whistleblowing Unternehmerinnen und Unternehmer nicht in Begeisterung versetzt – was es aber sollte. Denn wenn Unternehmen transparent handeln und Prozesse einrichten, um Missstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen, gewinnen am Ende alle. Stimmt nicht? Stimmt doch – wie die folgenden fünf Beispiele zeigen:


Mythos 1: Whistleblowing führt immer zum Skandal und schadet unserem Ruf.


Diese Annahme ist falsch. Denn nur wer auf Hinweisgeber hört und sichere Kanäle anbietet, wird auch als Erster über Fehlverhalten und Missstände informiert. Und nur so kann man einen Skandal bereits im Keim ersticken und alles unternehmen, um negative Schlagzeilen zu vermeiden. 
Oder wollen Sie aus der Presse davon zuerst erfahren? 


Mythos 2: Mitarbeiter schwärzen nur Kollegen an.


Dass diese Behauptung ein Irrtum ist, zeigen internationale Studien und Befragungen. Denn der Großteil aller Meldungen stammt nicht von den eigenen Mitarbeitern, sondern von externen Hinweisgebern. So melden sich etwa Lieferanten und Bewerber, um über Fehlverhalten, unterbrochene Lieferketten oder andere schadhafte Zustände zu informieren.


Mythos 3: Sicheres Whistleblowing bedeutet viel Aufwand.


Nicht, wenn man Whistleblowing als Chance sieht und nicht als Bürde versteht. Erst ein transparentes Hinweisgebersystem ermöglicht ein offenes und vertrauensvolles Verhältnis – zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, zwischen Lieferanten und ihren Kunden und zwischen Bewerbern und potenziellem Arbeitgebern. 


Mythos 4: Whistleblowing ist nur etwas für Großkonzerne und riesige Firmen.


Hier irrt man, denn neben einer offenen Kultur, die jedes Unternehmen gleich welcher Größe anstreben sollte, gibt es noch die rechtliche Komponente.
Durch die EU-Whistleblower-Richtlinie und die baldige Umsetzung in nationales Recht (Teil des Koalitionsvertrages) sind Unternehmen ab 250 Mitarbeitern (inklusive freien Mitarbeitern) schon heute dazu verpflichtet, einen geschützten Hinweisgeberkanal anzubieten. Je nach Ausarbeitung der lokalen Gesetzgebung kann bereits jetzt schon eine Verpflichtung ab 50 Mitarbeitern vorliegen. Spätestens aber ab Dezember 2023. 


Mythos 5: Für Whistleblowing brauche ich einen Anwalt.


Nicht zwingend. Zwar hilft ein Anwalt oder eine Ombudsmann dabei, Fälle aufzuklären, zwingend erforderlich ist das aber nicht. 
Ein ausgebildeter Meldestellenbeauftragter hilft Ihnen, die Fälle vorzusortieren und ggf. den Kontakt zu einem Anwalt  herzustellen, sollte das notwendig werden.